Wie sage ich es meinem Hund?

Zusammenfassung des Vortrages zum Thema "Lernverhalten des Hundes" von Klaus Frank

Huanying Guangin! Quingzuò!

So ähnlich kommt es bei unseren Hunden an, wenn wir mit ihnen reden. Sie verstehen nur Bahnhof, bzw. im obigen Fall chinesisch (Herzlich Willkommen, bitte nehmen Sie Platz !). Welche Möglichkeiten gibt es mit unseren Hunden zu kommunizieren und ihnen unsere Sprache verständlich zu machen? Genauer gesagt, wie schaffen wir es ihnen bestimmte Kommandos zu vermitteln.

Ivan PawlowEine Möglichkeit, die klassische Konditionierung, hat der Mediziner und Physiologe Ivan Pawlow vor über 100 Jahren entdeckt. Bei Versuchen zur Wirkung von Verdauungsdrüsen entdeckte er die klassische Konditionierung bei Hunden quasi nebenbei.

Er war der Überzeugung, dass Verhalten auf Reflexen beruhen kann und entdeckte das Prinzip der (klassischen) Konditionierung. Dabei unterschied er zwischen unkonditionierten (auch natürlich genannten) und konditionierten Reflexen (die durch Lernen erworben werden).

1. Theoretische Grundlage der klassischen Konditionierung

Unkonditionierter Reiz (z.b. Futter):
Ein solcher Reiz ist ohne experimentelles Zutun in der Lage, immer eine Reaktion hervorzurufen.

Unkonditionierte Reaktion:
Sie wird durch den unkonditionierten Reiz hervorgerufen und hat in irgendeiner Form biologischen Nutzen (z.B. Lidschlag schützt die Augen, Speichelfluß usw..)

  • Reaktion die der Hund unbewußt ausführt.

ClickerNeutraler Reiz (Clicker, Piepston, Kommando):
Ein Reiz, der ursprünglich neutral ist, beim Organismus also keine spezifische Reaktion hervorruft, sondern allenfalls eine allgemeine Orientierungsreaktion (umschauen). Durch den Vorgang des Konditionierens (unk. Reiz und neutraler Reiz treten wiederholt in zeitlicher Nähe auf) wird dieser neutrale Reiz zum konditionierten Reiz, wenn auf ihn irgendwann eine der unkonditionierten Reaktion ähnliche Reaktion folgt, die konditionierte Reaktion. Nach Pawlow kann jeder beliebige Reiz, der von einem Sinnesorgan aufgenommen wird, zum konditionierten Reiz werden.

Konditionierte Reaktion:
Wird nach erfolgreichem Konditionieren vom neutralen Reiz ausgelöst. Sie ist der unkonditionierten Reaktion ähnlich.

Bedeutet das der Hund bereits beim clicken, pfeifen oder auf ertönen des Kommandos eine Reaktion zeigt. Das Futter muß nicht mehr im Vordergrund stehen.

2. In der Praxis

  • Hund erhält Futter (Leckerchen) und gleichzeitig wird geclickt oder Signalwort "ok, fein usw.. " gegeben.
  • Nach mehrfacher Wiederholung zeigt der Hund die erste Orientierungsreaktion sobald das clicken / Signalwort erfolgt und dreht den Kopf zum Hundeführer und erwartet die Belohnung.
  • Am Ende der "Konditionierung" reicht das clicken / Signalwort aus damit der Hund sich zum Hundeführer wendet und die Bestätigung erwartet. Das "Click / Signalwort" wurde konditioniert.
  • Der Click / Signalwort ist ein Versprechen an den Hund "Jetzt kommt deine Belohnung". In der Anfangsphase der Kondtionierung muss diese Belohnung immer erfolgen. Entfällt diese Belohnung für längere Zeit wird das konditionierte Verhalten wieder gelöscht. Es führt nicht zum Erfolg.

Beispiel:

  1. Hand geht mit Leckerchen nach oben und der Hund sitzt ab.
  2. Im Moment des "Absitzens" erfolgt das Kommando "Sitz".
  3. Hund erhält seine Belohnung (Leckerchen / Spielzeug)

Nach Mehrfacher Wiederholung reicht das Kommando "Sitz" aus um den Hund zum Absitzen zu bringen. Das Wort "Sitz" wurde konditioniert.

[note class=“idea“]

Wichtig!

Um eine Konditionierung zu erreichen muss das Kommando gleichzeitig mit der Ausführung gegeben werden. Die Aussprache des Kommandos vor oder nach der Lernhilfe ergibt keine Konditionierung.[/note]

3. Theoretische Grundlage der operanten / instrumentellen Konditionierung

Skinner BoxIn den 50er Jahren entdeckte der amerikanische Verhaltensforscher Burrhus Frederic Skinner die operante Konditionierung. Mit Hilfe der sogenannten "Skinner Box" machte er Versuche mit Ratten.

Die hungrige Ratte wurde in die Box eingebracht und nach kurzer Eingewöhnungszeit begann das Magazintraining. Ab und zu fällt eine Futterkugel, begleitet von den Geräuschen des Futterautomaten, in den Napf.

Ziel: Die Ratte soll erkennen wo das Futter herkommt

Nach diesem ersten Lernschritt erhält die Ratte nur noch Futter wenn sie den Hebel betätigt. Diese Betätigung geschieht anfangs nur zufällig. Sehr schnell verknüpft die Ratte das Drücken des Hebels mit der Gabe von Futter.

Ist auch diese Verknüpfung abgeschlossen, so erhält die Ratte nur noch Futter wenn sie den Hebel bei leuchtender Lampe drückt. Die Leuchtende Lampe wird durch die Ratte als Hinweissignal betrachtet.

4. Umsetzung in der Hundeausbildung

Das "Magazintraining" ist die Basis des Futtertreibens nach Dildei. Der Hund soll als ersten Schritt erkennen wo die Belohnung / Futter herkommt. Als zweiten Schritt wird der Hebel betätigt, d.h. der Hund soll durch Treiben mit der Nase an der Handinnenfläche den Hundeführer zur Futtergabe animieren. Der Schritte ist dann die Einführung des Signals / Kommandos analog zur leuchtenden Lampe.

Operante Konditionierung wird vorallem bei der Ausbildungsmethode des "Formens" mit dem Clicker angewandt. Der Hund erhält keine Lernhilfe wie bei der klassischen Konditionierung sondern es wird gewartet bis der Hund ein bestimmtes Verhalten zeigt und dieses dann bestätigt. Hier werden kleinste Schritte in die richtige Richtung belohnt und das Verhalten des Hundes dadurch geformt.

5. Verstärker

Primäre Verstärker:
Um den Hund für eine gewünschtes Verhalten zu bestätigen bedarf es sogenannter Verstärker. Diese bewirken beim Hund eine Verhaltensveränderung in die gewünschte Richtung.

Als primäre Verstärker können Sozialkontakte (Streicheln, Spielen), Futter oder Elemente aus dem Jagdverhalten (Beute-, Zerrspiele) eingesetzt werden.

Sekundäre Verstärker:
Als sekundäre Verstärker werden Lobworte (fein, brav, klasse) oder auch der Clicker eingesetzt. Sie wirken nur als Verstärker wenn sie mit primären Verstärkern verknüpft werden.

6. Lerngesetz der Übung

Umso öfter und interessanter eine Lektion wiederholt wird, desto eher wird der Lerninhalt behalten und kann abgerufen werden.

Das heisst die Übung an verschiedenen Orten und mit unterschiedlichen Ablenkungen trainieren.

Man spricht heute von ca. 100 – 200 Wiederholungen bis eine Übung beim Hund sicher verknüpft ist und jederzeit abgerufen werden kann.

7. Immerbestätigung

Zu Anfang jeder neuen Übung / Verhaltensweise wird die Immerbekräftigung eingesetzt. D.h. es wird jede erfolgreiche Ausführung des Hundes bestätigt. Der Hund muss zu Anfang lernen das sich der Aufwand für ihn lohnt.

8. Variable Bestätigung

LottoscheinVariable Bestätigung bedeutet, es wird nicht mehr jede korrekte Ausführung des Hundes bestätigt. Ein Beispiel für unbewußte variable Bestätigung ist das Betteln am Tisch. Der Hund erhält sehr unregelmäßig Futter vom Tisch, z.b. indem etwas beim Essen auf den Boden fällt. Diese ergibt eine sehr stabile Bestätigung seines Verhaltens, dem Betteln.

Durch Anwendung der variablen Bestätigung wird der Hund zum Lottospieler. Er gibt jede Woche seinen Schein ab, obwohl er weiß das die Chance auf den Jackpot sehr gering ist. Er erhofft sich aber jedesmal den "dicken" Gewinn.

9. Auslöschen einer Verhaltensweise

Beispiel:
Eine Person geht in ein Hochhaus und betätigt den Knopf des Liftes. Der Lift kommt nicht und auch ein erneutes Drücken des Knopfes führt nicht zum Erfolg. An den darauffolgenden Tagen kommt es immer zum gleichen Ergebnis. Die Häufigkeit des Drückens geht gegen Null. Irgendwann geht die Person in das Hochhaus, schaut zum Lift und geht sofort zum Treppenhaus. Das Verhalten des "auf den Knopf drückens" wurde gelöscht. Dieses "Auslöschen" ist notwendig um eine unerwünschte Verhaltensweise beim Hund zu löschen oder zu verändern. Der Zeitbedarf ist in etwa genauso hoch, wie das ursprüngliche Erlernen des unerwünschten Verhaltens.

Beispiel in der Hundeausbildung:

Unerwünschtes Verhalten:
Die Türklingel läutet und der Hund rennt mit wildem Gebell an die Tür.

Möglichkeiten zum Ziel zu gelangen:

  1. Hund zeigt keine Reaktion mehr wenn es an der Tür klingelt
  2. Hund zeigt ein alternatives Verhalten (geht z.B. in´s Körbchen) wenn es an der Tür klingelt.

zu a. Verhalten auslöschen:
das heisst der Hund darf für sein Verhalten über längere Zeit nicht mehr bestätigt werden. Bestätigung ist das Erscheinen von Personen an der Tür wenn es klingelt. Intensives Training mit verschiedenen Personen die klingeln aber nach Öffnen der Tür nicht vorhanden sind. Reaktion auf das Klingeln führt den Hund nicht zum Erfolg.

zu b. Verhalten umkonditionieren:
Bei jedem Klingeln wird der Hund in seinen Körbchen geschickt und erhält dort eine Bestätigung. Intensives Training konditioniert das unerwünschte Verhalten in ein erwünschtes Verhalten. Tür wird erst geöffnet wenn der Hund ruhig in seinem Körbchen sitzt. Begrüßung der Besucher nur auf Kommando und Freigabe durch den Besitzer.

10. Arbeit mit Signalen

Ausführlich beschrieben im Beitrag "Signal Methode".

11. Vermeidungslernen

Erste Experimente zum Vermeidungslernen wurden in den 30er Jahren gemacht. Dazu wurde eine Box gebaut die mit zwei getrennten Böden ausgestattet ist. Die eine Hälfte war ein elektrisierbarer Gitterboden, die andere Hälfte ein neutraler Boden. Eine Ratte wurde auf den elektrisierbaren Gitterboden gesetzt. Zwei Sekunden nach dem Aufleuchten einer Lampe wurde der Boden elektrisiert und versuchte Schmerzen.
Die Ratte rettete sich auf den Holzboden. Nach wenigen Versuchen sprang die Ratte bereits beim Aufleuchten der Lampe auf den Holzboden um dem Schmerz zu entgehen. Selbst nach 100 weiteren Versuchen ohne Einschalten der Elektrifizierung springt die Ratte immer noch beim Aufleuchten der Lampe auf den Holzboden.

Auslöschen funktioniert beim Vermeidungslernen nicht. Erst durch Festhalten auf der Platte registriert das Tier das keine Gefahr mehr besteht.

Vermeidungslernen ergibt ein sehr stabiles Verhalten.

12. Korrekturen von Verhaltensweisen

Korrekturen dürfen nur während oder unmittelbar nach der unerwünschten Verhaltensweise durchgeführt werden. Korrekturen zu einem späteren Zeitpunkt
können vom Hund nicht mehr mit der Verhaltensweise verknüpft werden.

Korrektursignal:
Die Einführung eines Korrektursignales wie z.b. des Wortes "NEIN" ist von großer Bedeutung. Mit Hilfe dieses Signales kann dem Hund angekündigt werden das sein momentanes Verhalten nicht zum Erfolg führt und bei Fortführung sogar negative Folgen für ihn haben kann. Auf das Kommando "NEIN" soll der Hund sein momentanes Verhalten sofort einstellen und eine alternatives Verhalten zeigen. Ebenfalls kann das
"NEIN" für den Hund eine Information sein, dass ihn sein aktuelles Verhalten nicht zum gewünschten Erfolg führt.

Beispiel für die Einführung des Wortes "NEIN":
Hand mit Leckerchen geht in Richtung Hund – sobald es der Hund nehmen will wird die Hand geschlossen und der Hund erhält das Signal "NEIN". Sobald sich der Hund abwendet wird er gelobt und darf das Leckerchen fressen.

Regeln für die Anwendung von Korrekturen (Daniel Schwitzgebel):

  • Korrekturreiz muss hemmend wirken

Zu Schwacher Korrekturreiz führt dazu das der Hund das unerwünschte Verhalten weiter ausführen kann. Lernt das er auch trotz Schmerz und Einwirkung zum Erfolg gelangen kann. Es entsteht eine Eskalationsfalle und die Einwirkung muss immer stärker werden.

  • Belohnung nach Korrekturreiz

Wird der Hund nach der Korrektur für das anschliessende erwünschte Verhalten belohnt wird das Training als angenehm empfunden. Die unerwünschte Verhaltensweise wird noch schneller abgebaut.
Achtung ! Die Belohnung darf nicht unmittelbar nach der Korrektur erfolgen. Es muß ein zeitlicher Abstand dazwischen liegen, damit es nicht zu einer Verknüpfung kommt und die Korrektur ein Teil des Handlungsablaufes wird.

  • biologische Funktion berücksichtigen

Beissen, Bellen, Knurren sind nur schlecht durch Korrekturreize zu eliminieren. Sie gehören zum normalen Verhaltensrepertoire des Hundes. Abstellen des Bellens beim Problem des Alleinbleibens kann zum Auftreten neuer Verhaltensweisen wie z.b. Koten, Annagen von Gegenständen usw.. führen.

Jagdverhalten beinhaltet das Aushalten von Schmerz (Kampf mit großen Beutetieren) und ist somit durch Korrekturreize schwer einzudämmen.

13. Platzlerner – Handlungslerner

Untrainierte Hunde sind in der Regel primitive Platzlerner. D.h. sie verknüpfen Bestätigungen und Korrekturen mit der Umgebung.

Beispiel:
Ein Hund bellt ständig beim Fahren im Auto. Aus Verzweiflung schlägt der Hundeführer mit der Leine zu. Der Hund steigt am nächsten Tag nicht mehr in das Auto ein. Er hat den Schmerz mit dem Auto und nicht mit dem Verhalten "Bellen" verknüpft. Er steigt problemlos in das Auto eines Bekannten ein und bellt dort auch wieder.

Ein Wolf macht beim Zupacken eines Igels eine schmerzhafte Erfahrung. Würde er diese Erfahrung mit dem Verhalten "Zupacken" verknüpfen würde er verhungern. Verknüpft er den Schmerz mit dem Beutetier Igel streicht er diesen von der Speisekarte.

Im Laufe ihres Lebens entwickeln sich die Hund vom Platzlerner zum Handlungslerner und können immer besser Bestätigungen und Korrekturen mit Verhaltensweisen verknüpfen. Deshalb machen intensive Korrekturen von Verhaltensweisen erst bei erfahreneren Hunden wirklich Sinn.

14. Schlußbemerkung

Das wichtigste Hilfsmittel in der Hundeausbildung ist die Stimme, Körpersprache und Kommunikation mit unserem Hund. Die Hunde merken ob wir es ehrlich mit ihnen meinen. Ein Lob muß für den Hund auch als Lob ankommen, genauso wie eine Korrektur auch als solches empfunden werden soll.

Wenn wir es schaffen einen Hund so zu dressieren das er über einen See fliegen kann, wird es Neider geben die ihn für wasserscheu halten.